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Medizinische Fakultät

Warnung vor Abhängigkeit bei grünen Energieträgern

02.12.2025

Deutschland sollte sich bei sauberen Energiegütern nicht zu abhängig von anderen Ländern machen. Das fordern die Mitglieder des Kopernikus-Projekts Ariadne. Mit dabei: der Würzburger Wirtschaftswissenschaftler Joschka Wanner.

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Solarmodule sind nicht nur für den Klimaschutz wichtig, sondern auch für das Wirtschaftswachstum. Eine Abhängigkeit von anderen Ländern sollte deshalb vermieden werden. (Bild: FotoArtist / Adobe Stock)

Am Montag, 1. Dezember 2025, haben die Mitglieder des vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt geförderten Kopernikus-Projekts Ariadne ihren neuen Report vorgestellt. Darin stellen sie erstmals Zusammenhänge zwischen politischen Maßnahmen und spezifischen Marktversagen für saubere Energiegüter her. Sie fordern: Deutschland sollte sich bei sauberen Energiegütern nicht zu abhängig von Ländern machen, deren Marktanteile in diesem Bereich wachsen – allen voran China. Wie schädlich das potenziell sein kann, habe die Gaskrise in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine gezeigt.

Grüne Technologien sind wichtig für das Wirtschaftswachstum

Saubere Energiegüter, also Technologien wie Solarmodule und die für ihre Herstellung benötigten Rohstoffe, sind laut den Autoren zukünftig nicht nur wichtig für den Klimaschutz, sondern auch für das Wirtschaftswachstum. „2023 machten saubere Energiegüter zehn Prozent des Wachstums des globalen Bruttoinlandsprodukts aus. Für Deutschland gilt deshalb, aus der Abhängigkeit von russischem Gas zu lernen und sich bei grünen Technologien künftig nicht von China abhängig zu machen“, erklärt Ariadne-Forscher Michael Jakob von Climate Transition Economics. Globale Importabhängigkeiten gefährden seinen Worten nach den lokalen Markt – besonders dann, wenn die Einfuhr eines Guts oder einer Technologie aus wenigen Ländern oder nur einem Land einen hohen Anteil am Gesamtinlandsverbrauch ausmacht.

Verantwortlich für den Report waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Climate Transition Economics, dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, dem Joint Research Centre of the European Commission, dem Center for Energy and Environmental Policy Research und der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Sie zeigen auf, wie Importabhängigkeiten sich bei verschiedenen Gütern unterscheiden.

Ein Policy-Mix aus verschiedenen Maßnahmen

Die Forschenden differenzieren zwischen Marktversagen, die zu einer zu geringen inländischen Produktion führen, und solchen, die eine zu geringe Diversifizierung und damit eine zu geringe Resilienz zur Folge haben. Zu ersterem zählt beispielsweise die Konzentration der Produktion auf wenige Standorte, weil die Stückkosten bei höheren Mengen niedriger sind. Durch Pfadabhängigkeiten findet diese Konzentration nicht notwendigerweise an den effizientesten Standorten statt. Zweiteres geht zum Beispiel auf Informations- und Koordinationsprobleme innerhalb der Lieferkette zurück. Darüber hinaus investieren Unternehmen zu wenig in vorsorgende Lagerhaltung und diversifizierte Lieferketten, weil sie erwarten, dass in Krisenzeiten der Staat einspringt.

Zur Unterstützung von inländischer Produktion, Diversifizierung und Resilienz von Unternehmen im Marktumfeld grüner Technologien untersuchen die Forschenden die Effekte verschiedener politischer Maßnahmen. Dabei betrachten sie finanzielle Förderung, Forschung und den Aufbau von Infrastruktur als ein Mittel, um die Produktion im Inland zu stärken.

Staatlich garantierte Mindestabnahme-Mengen oder staatlich finanzierte Vorhaltekapazitäten können eine Mindestversorgung auf dem heimischen Markt sicherstellen. Zur Vermeidung von Versorgungsengpässen von kurzfristig zentralen Gütern, wie Energie und Rohstoffe, raten die Autoren zu strategischen Reserven in größeren Mengen. Für Bauteile wie zum Beispiel Microchips sind solche Reserven wegen der hohen Spezialisierung und des hohen Wertverfalls dagegen weniger geeignet. 

Warnung vor allgemeinen Handelsbeschränkungen

Die Forschenden warnen vor allgemeinen Handelsbeschränkungen. Obwohl diese ein naheliegender Weg sind, um inländische Hersteller vor ausländischer Konkurrenz zu schützen, erhöhen sie die Kosten für importierte Güter. Handelspartner können außerdem mit eigenen Handelsbarrieren reagieren.

Die Nachfrage nach importierten Gütern kann durch den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft verringert werden. Zusätzlich schlagen die Forschenden Handelsquoten und gestaffelte Zollkontingente vor, die sicherstellen, dass der Importanteil aus einem einzelnen Land unter einem festgesetzten Schwellwert bleibt. Das greift möglichst wenig in Freihandel und Wettbewerb ein, ist ohne zusätzliche Steuermittel umsetzbar und vermeidet gleichzeitig übermäßige Abhängigkeiten.

„Zollkontingente wurden beispielsweise für Elektro- und Hybridfahrzeuge in Brasilien eingeführt. Wenn die Importe von einem einzelnen Handelspartner das festgelegte Kontingent überschreiten, greift für alle zusätzlichen Importe aus diesem Land ein höherer Zollsatz“, erklärt Mit-Autor Joschka Wanner, Juniorprofessor für Quantitative International and Environmental Economics an der Universität Würzburg.

Stresstest entlang der Lieferkette

Darüber hinaus ist es laut den Autoren angesichts der Komplexität von Lieferketten wichtig, dass Unternehmen eine Informationsgrundlage über die Subunternehmer ihrer Zulieferer haben. Nur so kann bei Unterbrechungen entlang der Lieferkette an richtiger Stelle reagiert werden. Hier können Stresstests, wie sie im Finanzsektor durchgeführt werden, ein Vorbild sein.

In dem Report wird deutlich, dass Maßnahmen gegen Importabhängigkeit von sauberen Energiegütern häufig nur indirekt auf das Marktversagen zielen und Abhängigkeiten nicht grundsätzlich vermeiden. Damit Deutschland künftig nicht in neue Importabhängigkeiten gerät, sollte es sich deshalb mit einem Instrumentenmix aufstellen, der Marktversagen möglichst gezielt angeht, ohne den internationalen Handel übermäßig zu beschränken.

Publikation

Michael Jakob, Matthias Kalkuhl, Robert Marschinski, Michael Mehling, Joschka Wanner (2025): Importabhängigkeit bei sauberen Energiegütern – Marktversagen und Politikinstrumente. Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam. https://doi.org/10.48485/pik.2025.28

Homepage des Ariadne-Projekts

Kontakt

Prof. Dr. Joschka Wanner, Juniorprofessur für Quantitative International and Environmental Economics, T: +49 931 31-87172, joschka.wanner@uni-wuerzburg.de

Von Ariadne / Gunnar Bartsch

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