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Medizinische Fakultät

Neues Mittel gegen Viren

27.03.2018

Mit dem Wirkstoff Letermovir kann man einer der schwersten Virusinfektionen bei immungeschwächten Patienten vorbeugen. Das kam bei einer großen Studie heraus, an der Experten des Uniklinikums beteiligt waren.

Cytomegalievirus-Infektion in der Lunge: Im Zentrum der Mikroskopaufnahme sind die typischen Riesenzellen zu erkennen. (Bild: CDC/Dr. Edwin P. Ewing, Jr. (PHIL #958), 1982)

 „Dies ist vor allem für künftige Knochenmark-, Stammzell- oder Organtransplantierte eine gute Nachricht: Mit dem Wirkstoff Letermovir steht uns bald eine neue Standard-Therapie zur Verfügung, mit der wir bei diesen häufig immunsupprimierten Patienten einer Infektion mit dem Cytomegalievirus wirksam und nebenwirkungsarm vorbeugen können“, freut sich Professor Hermann Einsele. Der Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) stützt sich bei dieser Aussage auf die Ergebnisse einer knapp zweijährigen Phase-III-Studie, die im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde.

Zwei Co-Autoren aus Würzburg

Vom UKW war neben Professor Einsele auch Professor Andrew Ullmann Co-Autor der Publikation. Wie Einsele arbeitet auch Ullmann – derzeit beurlaubt für seine Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag – schon seit über einem Jahrzehnt an der Entwicklung und Erprobung von Letermovir mit.

Der Experte für Viren- und Pilzinfektionen erläutert: „Ohne klinische Forschung in Deutschland wären solche Ergebnisse nicht möglich. Die klinische Forschung leistet einen bedeutsamen Beitrag zum Wohlergehen unserer Patienten, von denen bis zu 60 Prozent das Cytomegalievirus in sich tragen. Dieses Virus kann gerade bei immungeschwächten Menschen schwere Krankheiten auslösen, weshalb die Beteiligung von Patienten an klinischen Studien im universitären Umfeld für den medizinischen Fortschritt unverzichtbar ist.“

Infektionsgefahr bei schwachem Immunsystem

Die Erstinfektion mit dem Cytomegalovirus verläuft in den allermeisten Fällen ohne Krankheitssymptome, die Betroffenen bemerken sie normalerweise gar nicht. Allerdings verbleibt das Virus danach im Körper und wird vom Immunsystem in Schach gehalten.

„Gefährlich werden kann es, wenn das Immunsystem ausgeschaltet oder zumindest stark geschwächt ist. Dies ist zum Beispiel bei Knochenmark-, Stammzell- oder Organtransplantierten der Fall“, berichtet Ullmann. Bei diesen Patienten kann das Cytomegalievirus wieder aktiv werden und dann beispielsweise die Netzhaut oder die Lunge befallen – es drohen Blindheit oder Tod.

Bisher auf dem Markt verfügbare Medikamente gegen das Virus haben schädigende Nebenwirkungen auf die Blutbildung im Knochenmark oder auf die Nieren. Deshalb forschen deutsche und US-amerikanische Wissenschaftler seit einigen Jahren an einem neuen Wirkstoff mit dem Namen Letermovir. Dieser setzt im Vergleich zu den gängigen Medikamenten an einer anderen Stelle im Vermehrungszyklus des Virus an.

Viren werden stark unterdrückt

An der im New England Journal of Medicine publizierten Studie nahmen insgesamt 565 Empfänger allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantationen in den USA und Deutschland teil. Bei ihnen wurde über DNA-Untersuchungen vorab geklärt, ob sie das Virus in sich tragen. Die Betroffenen erhielten dann nach der Transplantation 14 Wochen lang Letermovir oder ein Scheinmedikament. Es zeigte sich, dass mit der vorbeugenden Gabe von Letermovir das Virus deutlich unterdrückt werden kann: In dieser Gruppe entwickelten 38 Prozent der Teilnehmer eine klinisch signifikante Cytomegalievirus-Infektion, in der Placebo-Gruppe dagegen 61 Prozent.

In den USA ist Letermovir seit November 2017 unter dem Namen Prevymis als Arzneimittel zugelassen. Im selben Monat empfahl die Europäische Arzneimittelagentur auch die Marktzulassung in Europa. „Wir hoffen, dass diese bald erfolgt, damit auch wir in Deutschland nun bald Prevymis als Standard-Therapie einsetzen können“, sagt Professor Einsele.

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