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Medizinische Fakultät

Deformierten Eiweißen auf der Spur

12.03.2019

Am 28. Februar war der Tag der seltenen Erkrankungen. Amyloidose ist eine davon. Sie steht im Mittelpunkt am Amyloidosezentrum Nordbayern.

Die interdisziplinäre Amyloidose-Sprechstunde findet im Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz statt.
Die interdisziplinäre Amyloidose-Sprechstunde findet im Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz statt. (Bild: Daniel Oppelt/DZHI)

Eine Amyloidose, bei der sich fehlgefaltete Eiweiße im Körper ablagern, schwächt oft das Herz, kann aber auch an die Nieren, auf die Nerven oder den Magen und Darm gehen. Aufgrund der unterschiedlichen Beschwerden und der fehlenden Frühzeichen wird die seltene Erkrankung oft sehr spät erkannt. Eine rasche und zielgerichtete Diagnostik ist jedoch entscheidend für die Behandlung und mitunter für das Überleben. Daher haben Spezialisten aus mehr als zehn Fachrichtungen vor einem Jahr unter dem Dach des Zentrums für Seltene Erkrankungen am Uniklinikum Würzburg das erste Interdisziplinäre Amyloidosezentrum Bayerns und das zweite deutschlandweit gegründet.

Bereits seit November 2017 findet die Interdisziplinäre Amyloidose-Sprechstunde im Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg (DZHI) statt. Die Ambulanz ist der Hauptpfeiler des Zentrums. Hier werden inzwischen mehr als 100 Patienten mit dieser Erkrankung betreut. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Erforschung der Amyloidose selbst. Als dritte Säule rundet die Selbsthilfegruppe das Programm des Zentrums ab.

Erforschung des vielschichtigen Krankheitsbildes

Das Zentrum hat ein ambitioniertes Forschungsprogramm. So werden im Rahmen der Würzburger Amyloidose-Kohortenstudie, kurz AmyKoS, seit August 2018 klinische Daten und Biomaterialien wie Blut, Knochenmark, Gewebeproben von Patienten mit vermuteter und gesicherter Amyloidose gesammelt. Gleichzeitig sollen die Lebensqualität und psychische Belastungsfaktoren dieser Patienten untersucht werden. Ein Vergleich mit Daten früherer Patienten ist geplant.

„Der Fokus der Analysen liegt auf der Charakterisierung der Organbeteiligung und der Messung des Behandlungserfolges in den verschiedenen Organen“, erklärt Dr. Sandra Ihne, Koordinative Ärztin des Amyloidosezentrums. „Die Amyloidose wird oft als eine der zahlreichen Volkskrankheiten verkannt. Es gibt mehr als 25 verursachende Eiweiße, und jede Form kann mit unterschiedlichem Muster und Schweregrad der Organbeteiligung auftreten.“ Die exakte Charakterisierung sei wichtig, da sie die Behandlung der einzelnen Formen bestimme, sagt sie. „Wir versuchen, spezifischere, nicht-invasive Methoden für die Diagnostik zu finden. Die etablierten Parameter sind teilweise ungenau und die invasive Diagnostik ist nicht ganz ungefährlich. Unsere Leitfragen sind: Wie können wir erkennen, ob sich die Eiweiße abgelagert haben? Welche Organe sind in welcher Form geschädigt? Besondere Aufmerksamkeit gilt der Herzbeteiligung, die mit einer schlechten Prognose vergesellschaftet ist.“

Mit PET-CT Unterformen erkennen

Eine vielversprechende Diagnostik-Methode ist die Positronen-Emissions-Tomographie (PET-CT). Sie erlaubt es, Eiweißablagerungen sichtbar zu machen. Eine erste interdisziplinäre Würzburger Arbeit unter der Leitung von Privatdozent Constantin Lapa und Professor Wolfgang Bauer belegte die Anwendbarkeit von einem speziellen PET-CT in verschiedenen Subtypen im Vergleich zu etablierten Methoden wie Echokardiographie und Kardio-MRT. Die Studie wird in Kürze im European Journal of Nuclear Medicine and Molecular Imaging veröffentlicht.

Studie für die Bedürfnisse von Patienten

Schließlich sollen im Rahmen einer weiteren Studie die Bedürfnisse der Patienten unter Miteinbezug der Angehörigen und betreuenden Ärzte untersucht werden. Ziel ist es, ein speziell auf die Amyloidose zugeschnittenes klinisches Versorgungskonzept zu entwickeln.

Als ein wichtiger Baustein hat sich die Selbsthilfegruppe entwickelt. Sie trifft sich einmal im Monat im DZHI und gibt Raum für einen Erfahrungsaustausch unter Betroffenen und Angehörigen, Bewältigungsstrategien, Expertengespräche und allgemeine Informationen rund um die Erkrankung.

Sowohl die Selbsthilfegruppe als auch der Patiententag und die beiden Expertenveranstaltungen im Gründungsjahr erfreuten sich einer enormen Resonanz. „Für uns ein Signal, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, freut sich Sandra Ihne.

Seltene Erkrankungen

In der EU gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. Doch in Summe sind die seltenen Erkrankungen gar nicht so selten. Eigentlich ist der Tag der Seltenen Erkrankungen am 29. Februar – am seltensten Tag eines Jahres. In Jahren, die kein Schaltjahr sind, wird er aber am 28 Februar begangen.

Pressemitteilung des DZHI

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