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Fachschaft Medizin

Prüfungsunfähigkeit, Härtefallantrag und Nachteilsausgleich

„Sind Sie in der Verfassung, diese Prüfung anzutreten?“

Diese Frage wird vor jeder Klausur und jeder mündlichen Prüfung gestellt und wird oft belächelt oder mit einem Kommentar versehen. Die Prüfer*innen meinen die Frage jedoch ernst. Sie wollen vor der Prüfung klären, ob ihr wirklich prüfungsfähig seid und nutzen auch noch einmal den Zeitpunkt direkt vor der Prüfung um ganz sicher zu gehen.

Im Idealfall habt ihr euch diese Frage vorher selbst gestellt und dabei gegebenenfalls die Expertise behandelnder Ärzt*innen und Therapeut*innen einbezogen. Wenn ihr die Frage in der Überschrift gegenüber den Prüfer*innen nicht verneint, tretet ihr einen gültigen Prüfungsversuch an.

 

Wenn ihr an irgendeinem Zeitpunkt vor der Prüfung unsicher seid, ob ihr in der Lage seid, die Prüfung anzutreten, wendet euch bitte direkt an eure behandelnden Ärzt*innen um abzuklären, ob ihr möglicherweise prüfungsunfähig seid. Aufgrund von durch Ärzt*innen diagnostizierbare Probleme nicht in der Lage zu sein eine Prüfung anzutreten, ist nicht ungewöhnlich. Das eigene körperliche und psychische Wohl steht über der zu erbringenden Leistung. Wichtig ist hier aber, dass man bei Prüfungsunfähigkeit ein ärztliches Attest benötigt und hierfür das Formular des Studiendekanats nutzt. Hier raten wir dazu, das Attest schon frühzeitig einzureichen: man darf auch schon vor dem eigentlichen Prüfungstag ein Attest abgeben, welches bescheinigt, dass man zum Zeitpunkt der Klausur nicht in der Lage sein wird, diese abzulegen. Insbesondere bei längeren gesundheitlichen Beeinträchtigungen bietet es sich an, sich bereits frühzeitig um ein Attest zu kümmern um sich dann z.B. auf Therapie und Genesung konzentrieren zu können. Der späteste mögliche Termin für die Einreichung eines Attests ist der dritte Werktag nach der Prüfung. Ihr werdet dann im folgenden Semester automatisch  zum nächsten Prüfungsversuch angemeldet.

Es gibt den seltenen Ausnahmefall, dass erst nach der Klausur klar wird, dass man nicht prüfungsfähig war. In diesem Fall raten wir dazu, so schnell wie möglich eine*n Ärzt*in aufzusuchen, um ein Attest möglichst zeitnah einzureichen. Je länger der Arztbesuch nach dem Prüfungszeitpunkt erfolgt, umso schwieriger kann die Attestierung im Einzelfall sein. Am besten ist es, beim Auftreten solcher Fälle direkt eine Annullierung der jeweiligen Prüfung unter Vorlage entsprechender Nachweise zu beantragen. Sollten sich während einer Prüfung plötzliche Änderungen an eurem Gesundheitszustand ergeben, kommuniziert das bitte direkt den Prüfer*innen.

 

Ein weiterer Punkt, der in diesem Kontext immer wieder aufkommt, ist der Härtefallantrag. Dieser kommt ins Spiel, wenn Studierende aufgrund von triftigen Gründen nachweisen können, dass bei ihnen individuell die drei Versuche nicht genug waren. Die Gründe sind dabei so individuell, dass es keine klare Definition und keinen Regelkatalog für die Entscheidung gibt. Der Prüfungsausschuss entscheidet im Einzelfall unter sorgfältiger Abwägung.

Um einen Überblick zu schaffen, weswegen ein Härtefall eintreten kann, hier eine kleine Übersicht: Angegeben werden Gründe wie persönliche Schicksale im persönlichen und familiären Kontext (Erkrankung, Trennung, Tod) oder psychische Beeinträchtigungen. Eine offene transparente Kommunikation ist hier wahrscheinlich am wichtigsten, denn umso besser kann das Gremium die persönlichen Gründe verstehen. Wenn es im Einzelfall möglich ist, empfiehlt es sich auch, die im Antrag aufgeführten Angaben durch entsprechende Nachweise zu belegen. Der Härtefall ist dabei nicht an den dritten und letzten Prüfungsversuch geknüpft. Auch wenn bei den ersten beiden Versuchen Umstände aufgetreten sind, die eine besondere individuelle Härte darstellen, könnt ihr euch an den Prüfungsausschuss wenden.

Dem Prüfungsausschuss ist es in jedem Fall wichtig, dass ihr euch Gedanken um euer weiteres Studium macht. Hilfreich ist es zu zeigen, dass beispielsweise die Prüfung bei einem weiteren Versuch zu bestehen wären, weil sich bis dahin etwas an der Situation geändert hat, sei es eine psychologische/medizinische Behandlung, die Bewältigung einer schwierigen Situation oder die Reduktion von Verpflichtungen außerhalb des Studiums.

 

Nun noch einige kurze Tipps, wenn man eine oder mehrere Klausuren nicht bestanden hat, und nun aufgrund von Nachholklausuren in Stresssituationen gerät. Das alles kann in einer Spirale von Stress und Nachholklausuren enden, daher raten wir frühzeitig zu überlegen, ob es sinnvoll ist, das gesamte darauffolgende Semester zu belegen. Nimm lieber ein zusätzliches Semester in Kauf, als zu viele Prüfungen im Nacken sitzen zu haben. Auch unabhängig von Klausuren ist es immer wichtig, in sich hineinzuhören und die psychische Verfassung in die Planung des nächsten Semesters mit einfließen zu lassen. Es kann manchmal echt guttun, ein wenig zurückzufahren, um sich fangen zu können. Wir verlinken daher auch noch einmal den Kontakt der Blaupause, psychologische Beratung Studierendenwerk, KHG, ESG, uwk.

Wenn ihr plant, vom Plan der Regelstudienzeit abzuweichen oder durch die Nachholklausuren verunsichert seid, könnt ihr euch von den beiden Lehrkoordinatorinnen für die Klinik & Vorklinik beraten lassen. Hier kann man besprechen, welche Fächerwahl individuell sinnvoll ist. Die beiden kümmern sich sehr gut um die verschiedenen Fälle, daher verlinken wir auch hier die beiden Kontaktdaten.

 

Einen letzten Punkt möchten wir noch kurz ansprechen: Den Nachteilsausgleich. Auch hier wird individuell ein Antrag gestellt, der beim Studiendekanat eingereicht werden sollte. Gründe für einen Nachteilsausgleich wären physische und psychische Erkrankungen wie zum Beispiel ADHS, LRS, Erkrankungen der Hände sowie schubförmige Konzentrationsstörungen oder Sehstörungen, aus denen sich trotz Behandlung länger andauernde oder chronische Beeinträchtigungen ergeben. Die Maßnahmen werden individuell umgesetzt, daher sollte man sich schon im Vorfeld Gedanken machen, wie ein Ausgleich aussehen sollte. In manchen Fällen kann beispielweise eine Zeitverlängerung gewährt werden. Beratung ist durch die  Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung  möglich.

Auch bei den Staatsexamensprüfungen kann ein Nachteilsausgleich beantragt werden. Nachteilsaugleich bei Staatsexamen


Folgendes zählt zwar nicht explizit zu den Nachteilsausgleichen, jedoch verdeutlicht sie, wie sinnvoll es sein kann einfach mal nachzufragen, ob es eine Möglichkeit gibt: Auch bei stillenden Müttern wurden schon Lösungen mit eigenen Räumen und Pausen zum Stillen gefunden. Außerdem lohnt es sich auch bei akuten und temporären Beeinträchtigungen, beim Studiendekanat nachzufragen, ob eine vorübergehende Hilfestellung bei Prüfungen umgesetzt werden kann. Wichtig ist nur, dass jeder Ausgleich und jede Prüfung vergleichbar und mit der Approbationsordnung vereinbar sein muss, das heißt zum Beispiel eine praktische Prüfung lässt sich nicht durch eine andere Prüfungsform ersetzen, wenn diese so vorgesehen ist.

 

Lasst euch lieber frühzeitig beraten, bevor ihr schon sehr tief in den Problemen steckt.

Wie immer können wir am Ende nur noch einmal verdeutlichen, dass ihr uns jederzeit kontaktieren könnt oder am besten auf einen Kaffee in unser Büro kommen könnt, um eure Fragen zu klären!

 

Eure Fachschaft

(Stand 19.10.2022)