Innovatives Material für bessere Solarzellen
Aus einer erst kürzlich entdeckten Materialklasse lässt sich eine neue Form von Solarzellen herstellen. Das berichten Forscher aus Wien, Würzburg und Tennessee im Journal „Physical Review Letters“.
Atomschicht für Atomschicht stellt man sie her, um ganz bestimmte Materialeigenschaften zu erzielen: Geschichtete Sauerstoff-Heterostrukturen sind eine neue Klasse von Materialien, die seit einigen Jahren für Aufsehen in der Materialwissenschaft sorgt.
Ein Forschungsteam der Technischen Universität Wien hat nun mit Kollegen aus den Tennessee und Würzburg gezeigt, dass sich daraus eine ganz neue, effizientere Klasse von ultradünnen Solarzellen bauen lässt. Die Ergebnisse sind im Fachblatt „Physical Review Letters“ veröffentlicht.
Die Produktion der neuartigen Solarzellen ist aufwändiger als bei herkömmlichen Solarzellen aus Silizium. Doch die neuen Strukturen sollten die bisherigen Silizium-Zellen zumindest dort ersetzen können, wo eine besonders hohe Energie-Effizienz oder minimale Dicke gefragt ist.
Physiker der Universität Würzburg wollen die neuen Solarzellen nun erstmals experimentell realisieren und testen. Dabei sind viele technische Herausforderungen zu meistern. Um die theoretischen Voraussagen von Professor Giorgio Sangiovanni zu bestätigen, sind seine Würzburger Professorenkollegen Ralph Claessen und Jens Pflaum zurzeit dabei, die ersten Messungen durchzuführen. Wenn die Ergebnisse positiv ausfallen, öffnet das womöglich den Weg zu flexiblen Solarzellen, mit denen sich das Spektrum des Sonnenlichts künftig noch besser ausnutzen lässt.
Materialeigenschaften am Computer entdeckt
Was ist das Besondere an dem neuen Material? „Einzelne Atomlagen aus unterschiedlichen Sauerstoff-Verbindungen werden übereinandergeschichtet. Dabei entsteht ein Material, das ganz andere elektrische Eigenschaften haben kann als die einzelnen Sauerstoff-Verbindungen alleine“, erklärt Professor Karsten Held vom Institut für Festkörperphysik der TU Wien.
Um Materialvarianten mit präzise maßgeschneiderten Eigenschaften herstellen zu können, werden diese Strukturen in Computersimulationen untersucht. Bei dieser Arbeit erkannten die Wissenschaftler, welches Potenzial die Strukturen für die Herstellung von Solarzellen haben.
Wie aus Licht Strom entsteht
Das Grundprinzip der Solarzelle ist der photoelektrische Effekt, dessen einfachste Variante schon 1905 von Albert Einstein erklärt wurde: Wenn ein Lichtteilchen absorbiert wird, kann das dazu führen, dass Elektronen ihren Aufenthaltsort verlassen und elektrischer Strom zu fließen beginnt. Wird ein Elektron von seinem Platz entfernt, bleibt eine positiv geladene Stelle zurück, ein sogenanntes „Loch“. Zum Stromfluss können sowohl die negativ geladenen Elektronen als auch die positiv geladenen Löcher beitragen.
„Wenn in einer Solarzelle allerdings Elektron und Loch nicht als Strom abtransportiert werden, sondern sich wieder vereinen, dann ist alles wie vorher – die Energie kann nicht genutzt werden“, erklärt Elias Assmann, der einen großen Teil der aufwändigen Computersimulationen an der TU Wien durchgeführt hat. „Der entscheidende Vorteil des neuen Materials ist: Hier herrscht auf mikroskopischen Größenordnungen ein starkes elektrisches Feld, das Elektronen und Löcher in entgegengesetzte Richtungen voneinander forttreibt.“ Das steigere die Effizienz der Solarzelle.
Aus zwei Isolatoren wird ein Metall
Eigentlich handelt es sich bei den Sauerstoff-Verbindungen, aus denen die neuen Materialien bestehen, um Isolatoren. Wenn man Schichten zweier geeigneter Isolatoren aufeinander packt, entwickelt das Material an den Grenzflächen oben und unten erstaunlicherweise metallische Eigenschaften und leitet den Strom.
Das ist von großer Bedeutung: Dadurch kann man die elektrischen Ladungsträger sehr einfach ableiten und Strom fließen lassen. Bei herkömmlichen Solarzellen aus Silizium muss man leitende Drähte aus Metall anbringen, um den Strom abzuführen – dadurch versperrt man aber einem Teil des Sonnenlichts den Weg ins Innere der Solarzelle.
Lanthan und Vanadium passen gut
Solarzellen wandeln nicht alle Photonen gleich effizient in elektrischen Strom um. Für unterschiedliche Lichtfarben sind jeweils unterschiedliche Materialien besonders gut geeignet. „Bei den Oxid-Heterostrukturen kann man passende Eigenschaften erzielen, indem man geeignete chemische Elemente auswählt“, erklärt Professor Peter Blaha vom Institut für Materialchemie der TU Wien.
In den Simulationsrechnungen analysierte das Team Oxid-Schichten mit Lanthan und Vanadium, weil die dadurch aufgebauten Materialien besonders gut zur Strahlung der Sonne passen. „Es ist sogar möglich, verschiedene Schichttypen zu kombinieren, so dass unterschiedliche Lichtfarben optimal in unterschiedlichen Materialschichten in Strom verwandelt werden können“, sagt Assmann.
Quelle: Pressemitteilung der Technischen Universität Wien
„Oxide Heterostructures for Efficient Solar Cells”, Elias Assmann, Peter Blaha, Robert Laskowski, Karsten Held, Satoshi Okamoto, and Giorgio Sangiovanni, Physical Review Letters 110, 078701 (2013), DOI 10.1103/PhysRevLett.110.078701
Die American Physical Society, die das Journal herausgibt, hebt die Publikation auf der Internetseite „Physics: spotlighting exceptional research“ besonders hervor:physics.aps.org/synopsis-for/10.1103/PhysRevLett.110.078701
Kontakt
Prof. Giorgio Sangiovanni, Institut für Theoretische Physik und Astrophysik, Universität Würzburg, T + 49 931 31-89100,
sangiovanni@physik.uni-wuerzburg.de
Prof. Karsten Held, Institut für Festkörperphysik, Technische Universität Wien, T +43-1-58801-13710,
karsten.held@tuwien.ac.at