Intern
Comprehensive Cancer Center Mainfranken

Würzburg in der Champions League der Myelom-Forschung

none
Immunfluoreszenz-Bild eines Tumorherdes außerhalb des Knochenmarks. Die bösartigen Plasmazellen sind blau eingefärbt, die T-Zellen grün und die stromalen Zellen wie Fibroblasten und Endothelzellen rot. (Bild: Angela Riedel / Universitätsklinikum Würzburg)

Ein Team um den Krebsforscher Hermann Einsele ist Teil eines internationalen Konsortiums, das von der amerikanischen Multiple Myeloma Research Foundation mit 21 Millionen Dollar gefördert wird.

Das Multiple Myelom ist der zweithäufigste Blutkrebs. Es entwickelt sich im Knochenmark und kann sich im ganzen Körper ausbreiten. Trotz aller medizinischen Fortschritte erleiden die meisten Patientinnen und Patienten einen Rückfall und lassen sich bis heute nicht heilen.

Die amerikanische Multiple Myeloma Research Foundation (MMRF) ist die weltweit größte gemeinnützige Stiftung, die sich ausschließlich darauf konzentriert, wissenschaftliche und klinische Fortschritte in der Behandlung des Multiplen Myeloms voranzutreiben. Anfang November 2023 gab die Stiftung nun die Empfänger von drei so genannten „MMRF Myeloma Accelerator Challenge (MAC) Program Grants“ bekannt.

Die drei Programme zielen darauf ab, Zentren zu vernetzen, deren Ressourcen und Proben zu bündeln und überzeugende Hypothesen voranzutreiben, die rasch in klinischen Studien getestet werden können. Das Universitätsklinikum Würzburg (UKW) ist Teil eines dieser Projekte, die für drei Jahre jeweils sieben Millionen Dollar erhalten.

Europäisches Team hat Hochrisikopatientinnen und -patienten im Fokus

„Mit dem Grant wurden wir sozusagen in die Champions League der Myelom-Forschenden aufgenommen“, freut sich Professor Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II am UKW und Sprecher des neu gegründeten Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen NCT WERA. Neben ihm sind Professor Martin Kortüm, Dr. Umair Munawar, Dr. Leo Rasche und Dr. Angela Riedel im Würzburger Team vertreten.

Das UKW-Team erarbeitet in der europäischen Gruppe gemeinsam mit dem Erasmus Medical Center in Rotterdam, dem Universitätsklinikum in Amsterdam sowie den Universitäten in Turin und Salamanca einen systembiologischen Ansatz für die Optimierung der Behandlung für Hochrisikopatientinnen und -patienten mit Multiplem Myelom. Die Betroffenen erleiden häufig sehr früh einen Rückfall und weisen im Vergleich zu Standardrisikopatientinnen und -patienten eine schlechtere Überlebensrate auf.

„Wir werden untersuchen, was Patientinnen und Patienten mit hohem Risiko und schlechterem Therapieansprechen von anderen unterscheidet. Durch die Kombination verschiedener Aspekte der Erkrankung werden wir eine integrierte Definition des Multiplen Myeloms mit hohem Risiko erarbeiten und damit einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu neuen, speziell auf diese Patientinnen und Patienten zugeschnittenen Therapien machen“, beschreibt Hermann Einsele das Projektvorhaben. Dafür stehen allein dem Würzburger Team zwei Millionen Dollar zur Verfügung.

Arbeitsziele der amerikanischen Teams

Eine amerikanische Forschungsgruppe wird eine große Kohorte von Patientenproben auf genomischer und immunologischer Ebene analysieren. Ziel ist es, die entscheidenden Ereignisse zu verstehen, die das Multiple Myelom mit hohem Risiko auslösen. Die Studien haben das Potenzial, neue Schwachstellen zu identifizieren, die mit CRISPR-Gen-Editing im Labor weiter untersucht werden.

Bei der dritten MAC-Förderung arbeitet ein weiteres amerikanisches Team an einer verbesserten Identifizierung des Hochrisiko-Smoldering-Myeloms (HR SMM). Das schwelende Myelom ist ein frühes, asymptomatisches Stadium, das sich zum aktiven Multiplen Myelom entwickeln kann.

Forschungstempo beschleunigen

„Die MAC Grants sind ein wichtiger neuer Teil unserer Investitionen, und wir freuen uns, dass die ausgewählten Programme mehrere Zentren zusammenbringen werden, um in hochgradig kooperativen Netzwerken zu arbeiten. Unser strategischer Plan identifiziert spezifische Forschungsbereiche, die mehr Aufmerksamkeit benötigen, und nur durch die Zusammenarbeit mehrerer Zentren können wir schnell einen großen Satz von Patienten und Proben schaffen, die für neue Forschungsmethoden geeignet sind“, sagt George Mulligan, PhD, Chief Scientific Officer des MMRF.

Michael Andreini, Präsident und CEO des MMRF: „Das Forschungstempo muss beschleunigt werden, wenn wir den erheblichen ungedeckten Bedarf beim Multiplen Myelom decken wollen, und der Weg dorthin führt über Zusammenarbeit und Finanzierung. Die Zusammenführung verschiedener Teams durch unsere MAC-Zuschüsse, die normalerweise viele Hindernisse bei der Zusammenarbeit haben, wird diese Forschungsprioritäten stärker fokussieren und ausweiten, was zu schnelleren und wirkungsvolleren Erkenntnissen für die Patientinnen und Patienten führen wird."


Über das Multiple Myelom

Das Multiple Myelom ist nach der Leukämie die zweithäufigste Blutkrebserkrankung, bei der es zu verschiedenen bösartigen Tumorherden im Knochenmark kommt. Der Begriff leitet sich vom Lateinischen „multiple“ für vielfach und dem Griechischen „myelos“ für Mark ab. Jedes Jahr erhalten allein in Deutschland rund 7.000 Menschen die Diagnose.

Das Erkrankungsrisiko steigt in höherem Alter deutlich an. Bei den Betroffenen vermehren sich entartete Plasmazellen unkontrolliert und verdrängen die gesunden weißen Blutkörperchen, die für die Produktion von Antikörpern zuständig sind. Aufgrund der veränderten Immunität kommt es vermehrt zu Infektionen, die Knochenstruktur wird zerstört, Nerven und Organe werden geschädigt, die Betroffenen leiden unter Müdigkeit und Appetitlosigkeit.

Dauerhaft geheilt werden kann diese Krebserkrankung noch nicht. Denn auch nach vermeintlich erfolgreicher Therapie müssen die Betroffenen immer mit einem Rezidiv rechnen. Mit einem besseren Verständnis der Evolution dieser entarteten Knochenmarkzellen könnten aber die Diagnose und Behandlung optimiert werden.

Würzburgs Beitrag zu Immuntherapien

Als große Hoffnungsträger gelten Immuntherapien mit Antikörpern oder genmanipulierten T-Zellen, den so genannten CAR-T-Zellen. Das Universitätsklinikum Würzburg spielt bei der Erforschung, Anwendung und Ausweitung dieses neuen Arzneimittelprinzips eine international bedeutende Rolle. So wird hier das größte Myelom-Programm in Europa mit vielen klinischen Studien und Begleitforschungen zu den neuesten Therapieformen wie CAR-T-Zellen und verschiedenen T-Zell-aktivierenden Antikörpern angeboten.