Intern
    Hypophosphatasie

    Auf dass der Mensch auch im Alter selbstständig bleibt

    Ziel des Muskuloskelettalen Centrums MCW von Universität und Uniklinik ist es, die Versorgung zu verbessern und die Forschung voranzutreiben. Neue Erkenntnisse sollen möglichst schnell beim Patienten ankommen.

    Wir werden immer älter. Aber wie wird es im Alter um die Lebensqualität bestellt sein? „Das hängt sehr davon ab, wie mobil jemand ist“, sagt Professor Franz Jakob, der Sprecher des interdisziplinären Muskuloskelettalen Centrums Würzburg (MCW). Ziel des Zentrums ist es, die klinische Versorgung zu verbessern und die Forschung auf diesem Gebiet voranzutreiben. Neue Erkenntnisse sollen möglichst schnell beim Patienten ankommen. „Im MCW haben sich alle Fachbereiche, die an der Behandlung von muskuloskelettalen Erkrankungen beteiligt sind, zusammengetan“, so Jakob. Neben Demenzen sind diese Erkrankungen der häufigste Grund dafür, dass Menschen im Alter ihre Selbstständigkeit einbüßen.

    Zudem sind Krankheiten, Verletzungen oder Beschwerden des Bewegungsapparats schon heute ein großes volkswirtschaftliches Problem, weil sie oft Grund für Krankschreibungen oder Frühverrentungen sind. Mit der steigenden Lebenserwartung wird dieses Problem weiter wachsen. Am MCW forscht man intensiv zu der Frage, wie man Krankheiten des muskuloskelettalen Systems besser vorbeugen und behandeln kann.

    Arthrose, Rückenschmerzen, Rheuma, Osteoporose, Verletzungen von Sehnen, Bändern, Muskeln und Knochen: 30 Millionen Menschen leiden in Deutschland unter muskuloskelettalen Erkrankungen. Die WHO schätzt, dass sich die Zahl der Betroffenen aufgrund der steigenden Lebenserwartung in den kommenden 20 Jahren weltweit verdoppeln wird. „Erkrankungen des Bewegungsapparats werden unterschätzt und müssen mehr wahrgenommen werden“, sagt Jakob, Knochenspezialist und Leiter des Schwerpunkts für Osteologie und Osteoporose am König-Ludwig-Haus in Würzburg.

    Je nach Art und Schwere der Beeinträchtigungen des Knochens und Gelenksystems gibt es innerhalb des Zentrums unterschiedliche Anlaufstellen. Während chronische Beschwerden, Arthrosen der großen Gelenke und Erkrankungen in der Orthopädie des König-Ludwig-Hauses behandelt werden, erfolgt die Versorgung akuter Beeinträchtigungen und Frakturen in der Unfallchirurgie des Zentrums für Operative Medizin (ZOM) der Uniklinik. „Hier werden mit modernen Titanimplantaten Knochenbrüche auch bei stark osteoporotischer Veränderung stabil versorgt, um eine schnelle Rehabilitation zu ermöglichen“, so Professor Rainer Meffert, Ärztlicher Direktor der Unfallchirurgischen Klinik. „Neue, minimal invasive Techniken bei Wirbelkörperfrakturen erlauben auch beim älteren Patienten eine schnelle Wiederherstellung eines stabilen Achsenskeletts.“

    Für eine optimale Behandlung auch komplexer Fälle sorgen gemeinsam abgehaltene Fallkonferenzen wie auch interdisziplinäre Sprechstunden. Außerdem bietet das Zentrum eine zentrale Anlaufstelle an, die ohne Umwege den Weg zum kompetenten Spezialisten aufzeigt. Dort ist man auch über laufende Studien informiert und kann nach Möglichkeit Zugang zu hochmodernen Therapieverfahren vermitteln.

    Darüber hinaus ist das MCW in zahlreiche experimentelle und klinische Forschungsprojekte eingebunden. Ein Beispiel dafür ist das Projekt FORMOsA, das sich mit Muskelschwund und Osteoporose im Alter beschäftigt. „Im Alter werden natürliche Hemmstoffe produziert, die den Muskelaufbau bremsen“, erklärt Jakob. Dieser Effekt wird bereits ab der fünften Lebensdekade beobachtet: Es kommt zu einem altersabhängigen Muskelschwund, der wiederum die Entstehung von Osteoporose begünstigt. FORMOsA deckt den ganzen Prozess von der Grundlagenforschung bis hin zur Arzneimittelentwicklung ab. Hier kommt auch die Pharmazie mit ins Spiel, die unter Leitung von Professor Lorenz Meinel aktives Mitglied im MCW-Konsortium ist.

    Weitere große Projekte sind Vascubone und HydroZONES, die sich mit der Regeneration von Knochen und Knorpel beschäftigen. Professor Heike Walles vom Lehrstuhl Tissue Engineering und Regenerative Medizin, beschäftigt sich mit der Herstellung von Knochen im Reagenzglas, Professor Jürgen Groll vom Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe der Medizin und Zahnmedizin erforscht die Regeneration von Knorpel. „Wir decken so eine große Bandbreite der Geweberegeneration ab, die bei Verletzungen und bei degenerativen Erkrankungen eingesetzt werden kann“, so Walles. „Ziel ist es, die Funktion des Gewebes wieder vollständig herzustellen.“ Ein weiteres Ziel der Forschung ist es, herauszufinden, wie man Probleme mit Muskeln und Knochen möglichst frühzeitig erkennen kann. „Deshalb arbeiten wir eng mit der Industrie zusammen, um Messgeräte zu entwickeln, die zur Früherkennung eingesetzt werden können“, so Jakob. Dabei arbeitet er auch mit Arbeitgebern zusammen, die ein Interesse daran haben, dass ihre gut ausgebildeten Mitarbeiter der Generation „50 plus“ möglichst lange im Job bleiben. Auf der anderen Seite kooperieren sie mit Sportvereinen, um jungen Menschen Spaß an Sport und Bewegung zu vermitteln, aber auch um Sportverletzungen adäquat zu behandeln. Dass das keine leichte Aufgabe ist, ist allen Beteiligten bewusst: „Es ist schwer, den Leuten klarzumachen, dass sie sich jetzt bewegen sollen, damit sie später nicht zu frühzeitig ins Heim müssen. Aussichtsreicher ist es, wenn man Sport und Bewegung als etwas Positives vermittelt, das auch das Lebensgefühl verbessert.“

    Ist die Krankheit schon fortgeschritten, hilft Training allein oft nicht mehr. Am aussichtsreichsten ist es dann, Bewegung, operative Maßnahmen und Medikamente zu kombinieren. Dafür entwickeln die Forscher Hightech-Medikamente mit neuen pharmazeutischen Freisetzungsprinzipien und sogenannte Bio-Delivery-Devices, die – ähnlich wie eine Insulinpumpe beim Diabetiker – Substanzen beispielsweise gegen den Muskelschwund freigeben.

    Ein weiterer großer Forschungskomplex widmet sich der Stammzelltherapie. Auch hier arbeiten die klinischen Partner des MCW mit den Lehrstühlen für Tissue Engineering und Regenerative Medizin sowie für Funktionswerkstoffe der Medizin und der Zahnheilkunde zusammen. Bei Osteoporose etwa regt man die Stammzellen durch ein Medikament an, das das Knochenwachstum um bis zu 20 Prozent im Jahr steigert. Die Forscher hoffen, mit den Stammzelltherapien noch mehr erreichen zu können: Zum Beispiel sollen Knochenkonstrukte aus Stammzellen angefertigt werden, die etwa bei schlecht heilenden Brüchen in den Knochen eingesetzt werden und den Defekt ausfüllen sollen. Das künstliche Knochenstück wird dann nach und nach vom körpereigenen Knochen abgebaut und ersetzt. Beim Schaf hat die in Vascubone entwickelte Methode schon funktioniert, und die Forscherinnen und Forscher glauben, dass die sogenannten regenerativen Therapien bald beim Patienten ankommen werden. Jakob: „Wir hoffen, dass wir in fünf bis zehn Jahren routinemäßig regenerativ tätig sein werden.“

    Professor Franz Jakob ist Internist, Endokrinologe, Diabetologe und Osteologe.
    Er ist Sprecher des Muskuloskelettalen Centrums Würzburg (MCW) und Leiter des Orthopädischen Zentrums für Muskuloskelettale Forschung (OZMF).


    Die PartnerInnen im Vorstand des MCW sind:


    Kontaktdaten unter:  www.mcw.medizin.uni-wuerzburg.de
    e-mail:  mcw.klh@uni-wuerzburg.de


    Artikel im Gesundheitsmagazin UNI.KLINIK - Ausgabe 3/2015 (PDF) zum downloaden