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Lehrstuhl für Orthopädie und Lehrstuhl für Regeneration Muskuloskelettaler Gewebe

Die sonnenarme Zeit hat begonnen – Bayerischer Rundfunk thematisiert das Problem Vitamin D-Mangel in Deutschland

Vitamin D ist eigentlich kein Vitamin, sondern eine Hormonvorstufe, die im Organismus in einer vorbestimmten Kaskade aktiviert und dann auch wieder abgebaut wird. Vitamin D gehört zu den wenigen Stoffen, die wir nicht ohne Weiteres nur mit der Nahrung zuführen können. Der Vitamin D-Mangel ist in Deutschland und in den meisten Ländern nördlich des 40. Breitengrades ein wirkliches Problem und die Diskussion um eine Bevölkerungs-weite Versorgung mit Präparaten wird ständig in Fachkreisen und in der Laienpresse geführt. Den Beginn der sonnenarmen Zeit hat das Bayerische Fernsehen zum Anlass genommen um in der Rundschau und in der Abendschau auf das Problem Vitamin D-Mangel aufmerksam zu machen. Fachleute zur Vitamin D-Versorgung finden Sie unter den Ernährungsspezialisten und unter den Osteologen (suchen Sie Ihren Osteologen auf der Internetseite des Dachverbands Osteologie).

Vitamin D wird in allen Organismen auf der Welt durch Sonneneinstrahlung aus Vorstufen gebildet, hier ist die Sonneneinstrahlung unbedingt notwendig. Mehr als 60% unseres Tagesbedarfs werden auf diese Weise gebildet, den geringeren Teil führen wir über Nahrungsmittel zu. Im Winter hat die Sonne aber einen flacheren Weg durch die Atmosphäre und die Wellenlängen zwischen 280 und 320 nm werden ausgefiltert. Diese sind für die Bildung von Vitamin D in Haut verantwortlich. Leider sind sie auch für die Hautrötung, den Sonnenbrand und die Förderung von Hauttumoren verantwortlich. Insofern ist es absolut notwendig, Sonneneinstrahlung so zu dosieren, dass eine Hautrötung nicht stattfindet. Bei einer jungen und gesunden Haut reicht dies im Sommer (zwischen Mai und Oktober) auch aus, um den Tagesbedarf an Vitamin D zu decken (z.B. Aufenthalt in der Sonne über 15-20 Minuten mit entblößtem Oberkörper). Den Empfehlungen von Hautärzten im Umgang mit der Sonneneinstrahlung sollte man aber unbedingt folgen, denn es gibt auch unterschiedlich empfindliche Hauttypen.


Soll jeder Mensch Vitamin D einnehmen?
Im Winter ist die Sonneneinstrahlung in unseren Breiten bezüglich der Vitamin-D-Bildung nur marginal effektiv. Insofern würde man allen Menschen in dieser Jahreszeit empfehlen eine Dosis zwischen 400 und 1000 Einheiten einzunehmen. Alle Menschen, die sich nicht in ausreichendem Maße der Sonne aussetzen dürfen oder dies aufgrund ihres Lebensstils nicht tun (Nachtschichtarbeiter, verhüllende Kleidung, vorwiegend Aufenthalt im Hause, getönte Scheiben) sollten sich besonders beraten lassen. Auch Krankheiten oder Krankheitsrisiken können die Notwendigkeit der Vitamin D-Einnahme beeinflussen, das sollten alle Betroffenen mit ihrem Arzt besprechen. Ganz besonders gut bewiesen ist die Notwendigkeit von Vitamin D bei Personen, die ein Osteoporose-Risiko haben, hier trägt chronischer Vitamin D-Mangel zur Osteoporose bei. Zudem wirkt Vitamin D auch auf die Koordination zwischen Nerven und Muskeln, so dass beim Mangel die Häufigkeit von Stürzen erhöht ist. Besonders bei älteren Menschen mit Osteoporose ist dies wichtig, da die schwerwiegenden Brüche z.B. des Schenkelhalses in den allermeisten Fällen Folge eines Sturzes sind. Älteren Menschen (individuell unterschiedlich ab 65 aufwärts) würde man sogar eine ganzjährige Einnahme (im Mittel von 1000 Einheiten / Tag) empfehlen, da die Haut mit zunehmendem Alter ihre Fähigkeit verliert, ausreichend Vitamin D zu bilden. Folglich sollten ältere Menschen ganzjährig, jüngere über den Winter auf eine ausreichende Zufuhr achten.


Kann man Präparate aus dem Discounter verwenden?
Im Prinzip ja. Leider sind diese meist mit Kalzium kombiniert, das wir zumindest bei älteren Menschen nicht in einer übermäßigen Dosis zuführen möchten, um nicht Arteriosklerose zu fördern. Der tägliche Kalziumbedarf liegt bei 1000 – 1500 mg. Wenn Sie das nicht überschreiten, können Sie auch die Kombinationspräparate verwenden (wenden Sie sich im Zweifelsfall an eine Ernährungsberatung z.B. bei ihrer Krankenkasse). Besser ist es, das Vitamin D alleine zuzuführen, auch hier gibt es preiswerte Methoden, sich zu versorgen, z.B. gemeinsam mit dem Hausarzt.


Kann Vitamin D auch gefährlich sein?
Es gibt neuerdings Hinweise darauf, dass man bei höheren Serumspiegeln wieder mit negativen Effekten zu rechnen hat, so dass man die Dosierung sicher nicht übertreiben sollte. Akute Vergiftungsgefahr besteht ab Dosierungen von 5000 Einheiten aufwärts, zu hohe Spiegel kann man auch bereits mit Dosierungen von 2000 Einheiten und mehr pro Tag erreichen. Insofern sind aber die oben besprochenen Dosierungen sicher und brauchen normalerweise nicht durch Blutspiegelmessungen überprüft werden. Sie sollten alles was höher als 1000 einheiten im Winter liegt mit Ihrem Arzt besprechen, nur Risikopersonen werden vom Arzt höher dosiert behandelt. Die Diskussion um die optimale Dosis hält aber derzeit noch an.


Ist Vitamin D eine Wundersubstanz mit Knochenwirkung, Anti-Krebs-Wirkung und mehr?
Die Daten für die Knochenwirksamkeit sind sehr solide und abgesichert. „Mitnahme-Effekte“ für Herz-Kreislauf und Krebs, Diabetes und Allergien sind im Moment nur im Querschnitt untersucht und nicht vorausschauend. Letzteres ist aber für den harten wissenschaftlichen Beweis erforderlich. Solange wir uns mit unseren Empfehlungen im absolut sicheren Bereich der Knochenwirksamkeit bewegen, kann man aber solche vermeintlichen, plausiblen oder wahrscheinlichen Effekte gerne „mitnehmen“. Das absolute Gesetz der Ärzte des „nicht schaden (lat. nihil nocere)“ ist damit gewahrt.


Wie macht sich Vitamin D-Mangel bemerkbar?
Bei gesunden jungen Menschen ist das zunächst nicht dramatisch. Erst schwere Mangelzustände führen zu muskulären Beschwerden und Knochenschmerzen. Definitiv ist der chronische Vitamin D-Mangel ein Risikofaktor für die Osteoporose bei älteren Menschen. Bei Menschen mit starkem Risiko beginnt allerdings das Risiko bereits in der 5. Und 6. Lebensdekade, ein Zeitraum den wir heute nicht mehr unter „älter“ einstufen. Im Mangel sind zudem Stürze begünstigt, wie oben besprochen.


Wie häufig ist Vitamin D-Mangel?
Seit Jahrzehnten verabreichen wir unseren Säuglingen und Kleinkindern vorsorglich Vitamin D und dadurch ist die schwere Rachitis als Mangelkrankheit im Kindesalter sehr selten geworden. Auch im Deutschland von heute finden wir aber den Vitamin D-Mangel in allen Altersstufen der Heranwachsenden und Erwachsenen, ein ernst zu nehmender Mangel liegt auch im Durchschnitt bereits in 20 Prozent der jungen Menschen um 25 Jahre vor. Bei älteren Heimbewohnern steigen die Zahlen gar auf bis zu 89 % für einen moderaten bis schweren Mangel. Vitamin D-Mangel ist also epidemisch, auch in unserem bestens versorgten und hoch zivilisierten Land. Es ist sinnvoll dass alle sich individuell kümmern und sich im Zweifel ärztlich beraten lassen.




          Bericht Abendschau des BR vom 04.11.2013


          Bericht Abendschau des BR vom 04.11.2013