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Medizinische Fakultät

Morbus Fabry: Neues über die Krankheit

09.04.2024

Erstmals ist es gelungen, aus Hautzellen von Morbus-Fabry-Betroffenen Stammzellen herzustellen und in Nervenzellen umzuwandeln. So ließen sich neue Erkenntnisse über die seltene Stoffwechselerkrankung gewinnen.

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Die Abbildung zeigt die für Morbus Fabry charakteristischen Sphingolipid-Ablagerungen (grün) in patienteneigenen Stammzellen und Nervenzellen. In den Stammzellen konnten die Ablagerungen in den Lysosomen (magenta) nachgewiesen werden. Auch in den Nervenzellen, die aus den Stammzellen generiert wurden, konnten die akkumulierten Sphingolipide nachgewiesen werden. (Bild: Thomas Klein / Universitätsklinikum Würzburg)

Morbus Fabry ist eine seltene Stoffwechselerkrankung mit unterschiedlichen Symptomen, die sich im Laufe des Lebens verstärken. Zu den ersten, bereits in der Kindheit auftretenden Beschwerden zählen starke Schmerzen an Füßen und Händen. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer gestörten Wahrnehmung von Temperaturreizen.

Fettverbindungen lagern sich in den Zellen ab

Schuld daran ist die Störung kleinster Nervenfasern, so genannter small fibers, die mit ihren Enden in die Haut einwachsen. Die zugehörigen Nervenzellkörper befinden sich in Nervenknoten entlang der Wirbelsäule, den Spinalganglien. Informationen über Schmerz und Temperatur werden über die Nervenfasern zu den Spinalganglien und von dort zum Rückenmark geleitet, bevor sie im Gehirn verarbeitet und interpretiert werden.

Bei Morbus Fabry ist diese Signalübertragung durch einen Gendefekt gestört. Bei den Betroffenen funktioniert das lebenswichtige Enzym Alpha-Galaktosidase A nur noch teilweise oder gar nicht mehr. Dadurch können bestimmte Abfallprodukte in den Zellen nicht ausreichend abgebaut und entsorgt werden. Die Folge ist, dass sich vor allem Fettverbindungen, so genannte Sphingolipide, in den Nervenzellen, aber auch in anderen Zellen im ganzen Körper anreichern. Neben dem Nervensystem werden vor allem Organe wie Herz und Nieren geschädigt.

Aus Hautzellen werden Stamm- und schließlich Nervenzellen

Professorin Nurcan Üçeyler beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Schmerzen bei Morbus Fabry und der mit der Erkrankung verbundenen Kleinfaserneuropathie. Die leitende Oberärztin in der Neurologie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) hat nun gemeinsam mit klinischen und wissenschaftlichen Kolleginnen und Kollegen in der Fachzeitschrift Brain Communications neue molekulare und funktionelle Erkenntnisse publiziert, die erste Hinweise auf die Mechanismen liefern, die den Schmerzen und Gefühlsstörungen zugrunde liegen.

„In unserer Studie ist es uns erstmals gelungen, aus Hautzellen von Patienten mit Morbus Fabry pluripotente Stammzellen herzustellen, die wir in der Petrischale zu sensiblen Nervenzellen umwandeln konnten. Anhand dieser patienteneigenen Nervenzellen konnten wir zeigen, dass die Ablagerungen zu einer veränderten Aktivität der Nervenzellen führen und möglicherweise auch den Energiehaushalt in den Nervenfasern stören, was zu Schmerzen beitragen kann“, berichtet Nurcan Üçeyler.

Dr. Julia Grüner, Ko-Erstautorin der Studie, fügt hinzu: „Für eine funktionierende Weiterleitung von Reizen benötigen die Nervenzellen bestimmte Kanäle, die sich öffnen, sobald ein Signal die Zelle erreicht. Wir konnten in Nervenzellen von Morbus-Fabry-Patienten zeigen, dass die Aktivität dieser Kanäle bei erhöhter Temperatur beeinträchtig ist. Dies könnte zu den typischen, bei Fieber einsetzenden Schmerzen und zur gestörten Temperaturwahrnehmung der Betroffenen beitragen.“

Kooperation am FAZiT

Diese neurowissenschaftliche Arbeit steht auch für die besonders enge interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit am Würzburger Fabry-Zentrum für interdisziplinäre Therapie (FAZiT). Professorin Nurcan Üçeyler ist dort langjährig als Neurologin und Neurowissenschaftlerin aktives Mitglied.

„Neben der anspruchsvollen klinischen und tierexperimentellen Forschung haben wir am FAZiT nun auch die stammzellbasierte Forschung im Portfolio, was im Bereich Neurologie und Morbus Fabry durchaus Alleinstellungscharakter hat“, so die Professorin. Für sie und ihr Team bietet die Multisystemerkrankung Morbus Fabry zahlreiche wissenschaftliche Fragen und Antworten, die sich auch auf andere neurologische Erkrankungen übertragen lassen. So könnten die hier gewonnenen Erkenntnisse Hinweise darauf geben, wie diese Mechanismen möglicherweise auch bei anderen Schmerz- und Neuropathiesyndromen ablaufen.

Wie Nervenfasern und Hautzellen zusammenhängen

Wie geht es nun weiter? Die Methoden sollen weiter verfeinert werden, um ein tieferes Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Nervenfasern und Hautzellen zu erlangen. Zudem wollen die Forschenden die Schnittstelle zwischen dem peripheren und dem zentralen Nervensystem bei Morbus Fabry auf der Ebene des Rückenmarks untersuchen, dies ebenfalls in vollständig humanen Zellkultursystemen.


Förderung

Die Studie wurde unterstützt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie vom Interdisziplinären Zentrum für klinische Forschung (IZKF) der Medizinischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU).

Publikation

Thomas Klein, Julia Grüner, Maximilian Breyer, Jan Schlegel, Nicole Michelle Schottmann, Lukas Hofmann, Kevin Gauss, Rebecca Mease, Christoph Erbacher, Laura Finke, Alexandra Klein, Katharina Klug, Franziska Karl-Schöller, Bettina Vignolo, Sebastian Reinhard, Tamara Schneider, Katharina Günther, Julian Fink, Jan Dudek, Christoph Maack, Eva Klopocki, Jürgen Seibel, Frank Edenhofer, Erhard Wischmeyer, Markus Sauer, Nurcan Üçeyler, Small fibre neuropathy in Fabry disease: a human-derived neuronal in vitro disease model and pilot data, Brain Communications, Volume 6, Issue 2, 2024, fcae095, https://doi.org/10.1093/braincomms/fcae095

Das Würzburger Fabry-Zentrum für interdisziplinäre Therapie FAZiT

Die X-chromosomal vererbte Multisystemerkrankung Morbus Fabry erfordert einen interdisziplinären und interprofessionellen Ansatz, der in Würzburg seit mehr als 20 Jahren intensiv gelebt wird. Neben Nephrologie, Kardiologie und Neurologie stehen im FAZiT zahlreiche weitere Fachabteilungen vom UKW wie der Kinderklinik, kardiovaskulären Genetik, Neuroradiologie, HNO sowie Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie aber auch aus den Instituten für Humangenetik und Pathologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) für die Forschung und Behandlung zur Verfügung. FAZiT ist das größte Fabry-Zentrum in Deutschland. In seiner Spezialambulanz werden aktuell über 300 Erwachsene und Kinder betreut; viele davon nehmen an Studien teil. Die krankheitsbezogenen Daten fließen sowohl in die interne Datenbank als auch in internationale Register wie etwa das weltweite Fabry Registry, das von Würzburg aus mitgeleitet wird. So werden bei dieser sehr seltenen Erkrankung Informationen zusammengetragen, die verlässliche Aussagen über den Krankheitsverlauf und den Erfolg der Behandlungen ermöglichen.

Von Pressestelle des Universitätsklinikums Würzburg

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